Mit großem Elan starten wir in den Festival Sommer 2019 mit dem Besuch beim diesjährigen Primavera Sound in Barcelona.
Es ist die inzwischen 19. Ausgabe des Festivals unter der spanischer Sonne und gleichzeitig auch eine außergewöhnliche. Unter dem Motto The New Normal stehen im Line Up 2019 gleichermaßen männliche und weibliche Künstler. Zudem setzt sich das Primavera Sound dafür ein, dass man sich, egal welches Geschlecht man besitzt oder einnimmt und welche Sexualität man lebt, frei und ungezwungen auf dem Festival bewegen kann.
Nobody is Normal is the protocol to raise awareness of and to give assistance in the case of any gender-based violence. The rejection of transphobia, homophobia and lesbophobia are part of our focus on gender violence that wants to guarantee that all people can live their own gender expression and sexuality at Primavera Sound.
Dies ist etwas, was wir in den vergangen Jahren und auch jetzt beim betreten des Festival Geländes Parc del Fòrum feststellen. Besucher aus der ganzen Welt dürfen sich auf dem Festival frei fühlen, man trägt was man möchte und wird dabei nicht angestarrt.
Wir bewegen uns auf geradem Wege hin zur adidas Original Stage, wo Dream Wife auftreten. Das Trio Rakel, Alice und Bella, macht mit ihrem leichten Punk-Pop sowas von Spaß. Es ist locker-flockig und so fangen wir an, uns zu dem unwiderstehlichen Brit Sound zu bewegen.
Anschließend zieht es uns zu den beiden Main Stages, zwischen welche ein riesiges Feld aus Kunstrasen gelegt wurde. Die Einladung schlechthin, sich einfach so fallen zu lassen.
Es treten Big Thief mit ihrer Frontfrau und Sängerin Adrianne Lenker auf, die mit ihrer besonderen Stimme für sehr intime Momente sorgt. In den Songs geht es um ihr Inneres, Schmerz und Trauer und doch ist es so schön, wenn sie singt und mit ihren drei Bandkollegen einen tiefsinnigen Sound um ihre Stimme legt. Wir schließen die Augen und lassen uns mitnehmen, legen uns hin und hören ganz genau zu, was uns die vier an Klang und Text entgegenbringen.
Eines unserer Highlights steht auf der Seat Stage – Mac DeMarco. Schon vor zwei Jahren hat er uns mit seinem Auftritt auf dem Primavera Sound abgeholt wie kein anderer. Here Comes The Cowboy, der Kumpeltyp Mac schafft es erneut, ALLE Besucher um seinen Finger zu wickeln. Ein verschmitztes Lächeln, Bandkollegen, die nicht minder unterhaltsam sind, Stories, wie die über letzte Nacht im Sala Apolo bei dem Konzert seiner Freunde von Fucked Up und die ersten Joints seit Jahren, die sie gestern noch geraucht haben. Eine kurze Nacht, aber Mac DeMarco und seine Band sind on point, da. Die Songs sind natürlich so groß, dass alle lauthals bei Another One, My Old Man oder eben bei My Kind Of Woman bei Sonnenuntergang und einem riesigen Lichtermeer, mitsingen – Gänsehaut.
Wir wechseln freudig, aber auch schwermütig zu Courtney Barnett. Schwermütig deshalb, weil zur selben Zeit auch Christine & The Queens, Nas, Sigrid und Big Red Machine auf den anderen Bühne stehen. Entscheidungen müssen gefällt werden…Courtney Barnett lässt unsere Zweifel sehr schnell vergessen. Nicht nur, weil sie mit Tell Me How You Really Feel ein wirklich großartiges Album im Gepäck hat, nein, auch ihr Stapel an anderen starken Songs ist beeindruckend. Mit ihrer Band im Rücken und ihrer Gitarre, welche sie surren lässt und auch Solos einlegt, hat sie ordentlich wumms. Dass ihre Songs dann auch noch wichtige Messages enthalten, kann man gar nicht glauben. So steht Courtney Barnett eigentlich in jeglicher Hinsicht mit ihren Songs, Musik und Dasein für The New Normal.
Ein wenig wie auf Gott steht er – Paul Banks – dort oben auf der Bühne mit seiner Gitarre und den beiden Bandkollegen David Kessler und Sam Fogarino. Gemeinsam können die drei als Interpol auf zahlreiche erfolgreiche Platten und Konzerte zurückblicken. Ihre Lichtshow ist phänomenal, aber doch zurückhaltend, minimalistisch, großenteils monochrom und gewährt dem musikalischen den Vortritt. Zwischen ihre alten Hits wie Evil, mischen sich ganz unauffällig die neuen der im letzten Jahr erschienen Platte Marauder mit heftigen Nummern wie If You Really Love Nothing oder The Rover.
Die Soul Sängerin oder auch The Queen of Afro – Erykah Badu – kommt mit einer großen Entourage auf die Bühne. Große Band und Sängerinnen, Sänger, alles dabei, wie es sich für eine Queen eben gehört. Genauso die Wahl des Outfits: mit einem Hut, der auch den Riesenhut von Pharell Williams ziemlich alt aussehen lässt. Die Grammy Gewinnerin begeistert mit ihren Songs aus Jazz und R&B, aber auch ihre Rap Lines bringen uns zum staunen. Gemeinsam mit Queen Badu besingen wir einen Stern und tauschen am Ende ganz wie im Yoga unsere Energien miteinander.
Der Rapper Future aus Atlanta gilt als der Trap-Hero und Album Maschinerie. Im Jahr 2017 veröffentlichte er innerhalb weniger Tage zwei Alben und auch in diesem Jahr stehen die Chancen gut, dass nach seiner Veröffentlichung von The Wizrd im Januar demnächst ein weiteres erscheinen wird. Auf die Seat Bühne kommt er mit Tänzern und großen Gesten. Zwar legt er eine basslastige Show mit seinen Hits hin, schneidet seine Tracks aber immer nur an und irgendwie ist uns das alles nicht rund genug und zu sehr Ami Rap.
FKA Twigs steht kurz vor drei Uhr in der Nacht auf der Ray-Ban Bühne. Ihr einziger Festival Auftritt findet auf dem Primavera Sound statt. Die Erwartungen sind riesig und eigentlich sind wir große Fans der Künstlerin aus Großbritannien – nicht nur wir, vor der Bühne ist rappelvoll. Vielleicht ist es uns zu spät in der Nacht und wir sind zu erschöpft, vielleicht ist es uns zu abgefahren und experimentell, wir werden nicht warm mit ihrem Sound. Wenig Gesang und viel Sound aus unterschiedlichen Genres, der sich zusammenfügt, ist uns am Ende zu anstrengend. Wir geben FKA Twigs aber auf jeden Fall eine zweite Chance und lassen uns überzeugen.
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