Bevor am Donnerstag das eigentliche Primavera Sound Festival startete, gab es verteilt in Barcelona zahlreiche kleinere Konzerte, die jeder besuchen konnte. Am Mittwoch Abend fanden dann auf dem Festivalgelände, im Parc del Fórum, die kostenlosen Eröffnungskonzerte statt. Es spielten unter anderem die Schweden von Goat, sowie die Britpop Band Suede. Der Andrang am Eröffnungsabend war mit rund 21.000 Menschen groß und die Schlange am Einlass war gefühlt unendlich lang. Uns verschlug es deshalb zu später Stunde in den Sala Apolo, welcher sich in Barcelonas Stadtteil Raval befand. Dort trat unter anderem der amerikanische Singer und Songwriter White Fence auf, dessen Garage Rock Sound eindeutig Spuren seiner Heimat Kalifornien mit sich brachte. Düsterer Surfer Sound wäre wohl die passende Umschreibung für seine Musik. Auch schauten wir uns die Londoner von Younghusband an, die sich ebenfalls im psychedelic Bereich bewegen und zur Zeit auf einer Welle des Erfolges surfen. Zu später Stunde traten dann auch noch die gefeierten Kanadier von Suuns auf, die erst vor kurzem ihr neues Album Hold/Still veröffentlichten und damit in der Musikbranche großes Lob einheimsten. Ihre Show war düster, elektronisch – sphärisch, fast schon mächtig und hinterließ bei den Besuchern Eindruck. Auch wir waren schlichtweg begeistert von den psychedelischen Klängen der Suuns.
Sonne, Strand, Meer und Musik – was will man mehr?
Das Primavera Sound 2016 hatte all dies im Angebot. Die Besucher erwartete ein weitläufiges Festivalgelände mit über zehn Bühnen und ganz neu – einem eigenen Beach Club. Daneben hatte man noch die Möglichkeit, auf einem Plattenmarkt zu stöbern, auf dem nicht nur die großen Labels ihre Platten vorstellten, sondern auch kleinere vertreten waren. Man konnte seltene, handgefertigte Konzertposter erwerben oder individuelle Kleinigkeiten, wie zum Beispiel Buttons mit gewieften Sprüchen drauf, die man nicht überall findet. Für die aktiveren Festivalgänger gab es das Angebot an einer Kissenschlacht teilzunehmen, Wein zu testen oder sich auf ein Blind Date einzulassen. Aber auch das kulinarische Angebot an Essen und Getränken war im Vergleich zu den deutschen Festivals riesig. Ob Normalo, Vegetarier oder Veganer – jeder hatte eine vielseitige Auswahl und war nicht gezwungen, sich über mehrere Tage nur von Wurst oder Pommes zu ernähren. Besonders positiv sind uns auch die vielen überdachten Sitzmöglichkeiten aufgefallen, die man auf anderen Festivals oftmals vergeblich sucht oder der dem Andrang der Festivalbesucher nicht gewachsen sind.
Den Donnerstag starteten wir mit einem Interview mit Car Seat Headrest aka Will Toledo. Der junge Amerikaner aus Seattle sprach mit uns über seine Musik, seine Einflüsse und verriet uns, wann er das letzte Mal in seinem eigenen Bett geschlafen hat. Hier gehts zum Interview: KLICK
Pünktlich zu Eröffnung waren wir dann auf dem Festivalgelände. Ab 16:00 Uhr war es nämlich möglich, sich Tickets für die Heineken Hidden Stage zu ergattern. Diese waren nur in begrenzter Anzahl zu haben und wer zuerst da war, der malte eben zuerst. Da wir rechtzeitig vor Ort waren, bekamen wir noch Tickets für die Show von Peaches, die wie alle Acts der Hidden Stage, erst kurz vor dem Festival bestätigt wurde und erst später am Abend spielte.
Zu allererst verschlug es uns zu Julien Baker, die auf der adidas Stage spielte. Nur mit ihrer Akustik Gitarre und einer unglaublichen Stimme, performte die Zwanzigjährige ihre selbst komponierten und fast schon düsteren, deprimierenden Songs. Mit dem Mittelmeer im Rücken des Publikums und der untergehenden Sonne, entfalteten diese eine einmalige Atmosphäre.
Wir wechselten jedoch schon bald zur Pitchfork Stage, auf der Car Seat Headrest, gemeinsam mit seiner Band an der Reihe war. Natürlich hatte er Songs aus seinem aktuellen Album Teens of denial mit dabei. Unglaublich, welche Wucht der junge Mann, der zuvor im Interview noch so ruhig und zurückhaltend war, sich auf der Bühne entwickeln kann. Live kann man seine Musik schon beinah in die Kategorie Rock einordnen. Als besondere Zugabe gab es von ihm noch das Radiohead Cover Paranoid Android, welches er mit seinem Song Vincent verschmelzen ließ.
Anschließend stand für uns ein Interview mit den aus Montreal stammenden Suuns an. Sie sprachen mit uns über ihren Erfolg, ihre Lieblingsband und Axl Rose. Hier entlag zum Interview: KLICK
Danach stand auch schon das Konzert von Peaches auf der Hidden Stage an. Etwas versteckt befand sich die Hidden Stage in einem Parkhaus. Ausgeschmückt war das Parkhaus wie ein Urwald, welches mit passender Geräuschkulisse in Form von Tiergeräuschen unterlegt war. Eine wirklich tolle Location, die nur rund 500 Leute fasste und damit ein einmaliges Erlebnis bot. Mit außergewöhnlichem Outfit kam Peaches auf die Bühne. Im Gepäck ein Tänzer und eine Tänzerin, die ebenfalls sehr extravagante Outfits trugen. Eigentlich waren die drei immer passend zu den Songs gekleidet – Rub, How You Like My Cut oder Sick in the Head – abgefahren! Als sie dann noch in einen aufblasbaren Penis, welcher über dem Publikum “hing”, stieg und Dick in the Air sang, drehte das “DickDick” singende Publikum vollkommen durch. Unglaublich was die Kanadierin mit ihren 47 Jahren noch so auf der Bühne „anstellt“.
Nach Peaches konnten wir noch etwas vom Auftritt von Air mitnehmen, die gerade ihren Song All I Need am laufen hatten. Der Sound der Franzosen passte perfekt zu dem lauen Abend Barcelonas. Anschließend waren auf der größten Bühne, der Heineken Stage, Explosions in the Sky an der Reihe. Ganz ohne Gesang kam die Band aus und entwickelte während ihres Auftrittes einen gewaltigen Sound, der das Primavera Publikum mit sich riss. Aber das verrät einem ja auch schon ihr Name – Explosions in the Sky.
Fast schon passend spielten anschließend Tame Impala. Die Band aus Australien rund um das Mastermind Kevin Parker, konnte in den letzten Jahren weltweit einen fulminanten Aufstieg hinlegen. Trotz eines Stromausfalls, der die Band zu einer Unterbrechung ihres Sets und des Songs Eventually zwang, setzten Tame Impala nach der Unterbrechung einfach den Song fort. Das Publikum dankte ihnen und sang lauthals mit. Ein souveräner, bunter Auftritt der dafür sorgte, dass der Song Eventually an diesem Abend noch lange nachklang.
Die Donnerstag Headliner waren LCD Soundsystem, die Ende des letztens Jahres beschlossen, es noch einmal miteinander zu versuchen. Mit ihrem Dance Floor Disco Sound brachten sie die Besucher des Primavera Sounds zum tanzen. Kaum zu glauben, aber wer danach noch Energie hatte, konnte bis Sonnenaufgang zu verschiedensten Acts und DJ-Sets durchmachen.
Review: Stephanie Bauer (Copyright: About MusÏc)
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