Placebo am 24. November 2016 in der Hanns-Martin-Schleyerhalle in Stuttgart

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Placebo @ Schleyerhalle Stuttgart 24-11-2016 © About Musïc | J. Zekl
Placebo @ Schleyerhalle Stuttgart 24-11-2016 © About Musïc | J. Zekl

Vor 7 Jahren haben Brian Molko und Stefan Olsdal das letzte Mal in Stuttgart gastiert. Damals noch mit Ihrem neuen Drummer Steve Forrest, der den aus der Band ausgeschiedenen Steve Hewitt ersetzte. Im letzten Jahr hat Forrest die Band leider auch verlassen, seitdem sind Placebo als Trio unterwegs. Seither sitzt der Tourschlagzeuger Matt Lunn an den Drums. Wir sind gespannt, wie sich Placebo in dieser neuen Konstellation schlagen, aber dazu später mehr.

Um Punkt 20:00 Uhr gehen die Lichter aus und die Vorband eröffnet in einer leider nicht ausverkauften und bis dato nur knapp ¾ gefüllten Schleyerhalle.

Eröffnet haben den Abend The Joy Formidable (kurz TJF) aus dem Norden von Wales. Die dreiköpfige Band die mittlerweile in London lebt, besteht aus Ritzy Bryan (Gesang / Gitarre), Rhydian Dafydd (Gesang / Bass) und Matt Thomas (Schlagzeug). Ihre Musik geht in Richung Indiepop/ Artrock. Uns erinnern sie etwas an die Yeah Yeah Yeahs und Arcade Fire. TJF durften schon im Vorprogramm von einigen großen Bands zeigen, was sie können. Mitgenommen wurden sie unter anderem von den White Lies, den Foo Fighters, Morrissey oder den Editors. Außerdem haben sie bereits die großen Festivals wie das Glastonbury oder Reading/Leeds überzeugen können.

The Joy Formidable geben alles und spielen ein knackiges 30 Minuten Set. So ganz mag der Funke jedoch leider nicht aufs Stuttgarter Publikum überspringen. Zwar gibt es natürlich Applaus, getanzt oder bewegt wird sich aber nur in den ersten paar Reihen. Und auch bei uns ist die Musik leider nicht ganz so angekommen.

Nach der Umbauphase wird die Halle dunkel – auf den großen Leinwänden links und rechts von der Bühne erscheinen große schwarz/weiß Bilder vom erst kürzlich verstorbenen Leonard Cohen. Sein Lied Who By Fire wird eingespielt – nach 2 Minuten erscheint auf der großen Leinwand hinter der Bühne der Schriftzug Leonard Cohen – 1934 – 2016. Ein schöner Zug von Placebo, dem Singer/Songwriter zu gedenken.

Nach diesem Einspieler werden die Bildschirme wieder schwarz, um kurze Zeit später wieder anzugehen. Diesmal wird ein Retro Video zu Placebos Hit Every You, Every Me in der 1998 Cut Version gezeigt. Ein Song, der spätestens durch den 1999er Filmerfolg Eiskalte Engel mit Ryan Philippe und Reese Witherspoon große Bekanntheit erlangte. Eigentlich fast schade, so ein riesen Hit schon zu Beginn des Sets – leider nur vom Band – abzuspielen. Vielleicht ist die Band aber nach so langer Zeit auf der Bühne auch einfach müde geworden, diesen Song immer und immer wieder zu spielen und hat sich somit etwas aus der Affäre gezogen.

Nach einem weiteren Video, das Placebo die letzten 20 Jahre über zeigt, ganz im Zeichen des 20 Jährigen Jubiläum, stehen sie dann um 22:00 Uhr auf der Bühne. Das Set beginnt mit Pure Morning aus dem Album Without You I’m Nothing. Gefolgt von einigen der neuen Songs aus der kürzlich erschienenen Platte A Place For Us To Dream, welche mehr eine Best Of Version der letzten 20 Jahre darstellt (hier geht’s zu unserer Albumkritik)

Nach Lazarus nimmt Molko sich die Zeit, mit seinem Stuttgarter Publikum einen kleinen Plausch auf Deutsch zu halten. Er begrüßt die Fans zur 20. Geburtstagsparty der Band und stellt eben diese vor. Stefan Olsdal wird die nächsten beiden Songs Too Many Friends und Twenty Years nicht wie gewohnt an der Gitarre, sondern einem kleinen weißen elektro Piano begleiten.

Gerade als Brian Molko das nächste Lied anstimmen will, hält er inne und sieht scheinbar ein Mädchen in der ersten Reihe und spricht sie an: „Sorry darling, but this is not a photoshoot – this is a Rock Concert!“. Das Stuttgarter Publikum applaudiert dieser Ansage. Bereits vor dem Konzert wurde immer wieder auf ein „Handyverbot“ auf den Leinwänden hingewiesen. Dass Molko von der ganzen Fotografiererei und Filmerei während des Konzertes nichts hält, ist längst bekannt – und auch irgendwo verständlich. Sollen die Fans doch das Konzert mit eigenen Augen erleben und in Ihren Herzen und Erinnerungen festhalten, und nicht durch die Kameralinse erleben. Ganz passend eigentlich zum nächsten Song – vielleicht aber auch inszeniert? Heißt es im Song doch

I got too many friends
Ttoo many people that I’ll never meet
And I’ll never be there for
I’ll never be there for
‘Cause I’ll never be there

Das Set bisher zeigt sich leider sehr ruhig, und so wird im Publikum eher mitgewippt als abgerockt. Sehr schade, irgendwie zieht sich das ganze etwas wie Kaugummi. Obwohl das alles tolle Songs sind, aber eben in einer nicht optimalen Mischung.

Als sie Without You I’m Nothing anstimmen, werden auf der Leinwand Videos von David Bowie eingespielt, der ebenfalls in diesem Jahr verstorben ist, und zu dem die Band eine besondere Beziehung hatte. Nicht nur, dass er bei diesem Song kooperierte, Bowie war es auch, der im Jahr 1996 die noch sehr junge Band mit ihrem ersten Album auf Tour nahm, nachdem er auf sie aufmerksam wurde.

Placebo @ Schleyerhalle Stuttgart 24-11-2016 © About Musïc | J. Zekl
Placebo @ Schleyerhalle Stuttgart 24-11-2016 © About Musïc | J. Zekl

Nach 80 Minuten langsameren Liedern und etwas herumgewippe, kündigt Brian Molko dann an, dass jetzt Schluss sei mit dem melancholischen langsamen Teil des Abends, und dass auf der Geburtstagsparty jetzt getanzt werden darf. Endlich kommt Bewegung in die Schleyerhalle und Placebo zeigen, dass sie eben auch anders können. Gestartet wird in den rockigeren Teil mit For What It’s Worth.

Nach zwei weiteren Lieder wird das Konzert standesgemäß mit A Song to Say Goodbye und The Bitter End beendet. Zwei Lieder, bei denen das Publikum nochmals so richtig durchdrehen kann.

Nach längerem Applaus und Zugaberufen kommen Molko und Olsdal zurück auf die Bühne für die erste der zwei Zugaben. Das erste Lied ist Teenage Angst – leider erneut in einer Slow Version, die dem ganzen erneut so ein bisschen den Schwung wegnimmt. Außerdem beinhaltet die erste Zugabe Nancy Boy und Infra Red. Bei letzterem blitzt immer wieder auf der Leinwand im Hintergrund auf, zunächst immer nur kurz, dann immer länger… Natürlich hatten Placebo auch etwas zum aktuellen President-Elect Donald Trump etwas zu sagen.

Nach erneut tosendem Applaus – nicht nur wegen dem Leinwandhintergrund lassen sich Placebo von der Menge feiern, nicht um zuletzt nochmal für eine zweite Zugabe zurück zu kommen. Diesmal für die Kate Bush Cover Version von Running Up That Hill (A Deal With god). Danach ist aber nun wirklich Schluss. Ganze 2 Stunden ging das Konzert.

Unser Fazit nach diesem Abend:

Tolle, aufwändig und mit viel Liebe ins Detail produzierte Hintergrundshow und tolles Bühnenbild.
Über die Livequalitäten muss man hier an der Stelle nichts sagen, Placebo sind eine tolle Live Band, und das haben Sie in den 20 Jahren ihres bisherigen bestehens oft genug unter Beweis gestellt. Allerdings war die Zusammenstellung der Setlist nichts für unseren Geschmack. Der Umbruch auf rockigere Songs hätte definitiv um einiges eher kommen sollen. Wir hoffen einfach, dass es an dem Geburstagsmotto lag und wir beim nächsten Mal Placebo in alter Stärke genießen dürfen.

Die Setlist im Überblick:

  1. Pure Morning
  2. Loud Like Love
  3. Jesus‘ Son
  4. Soulmates
  5. Special Needs
  6. Lazarus
  7. Too Many Friends
  8. Twenty Years
  9. I Know
  10. Devil in the Details
  11. Space Monkey
  12. Exit Wounds
  13. Protect Me from What I Want
  14. Without You I’m Nothing
  15. 36 Degrees [Slow]
  16. Lady of the Flowers
  17. For What It’s Worth
  18. Slave to the Wage
  19. Special K
  20. Song to Say Goodbye
  21. The Bitter End
    ——————————
  22. Teenage Angst [Slow]
  23. Nancy Boy
  24. Infra-Red
    ——————————
  25. Running Up That Hill (A Deal With God) [Kate Bush Cover]
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